01.Oktober.2013 - Beginn des Meißner


Für mich nicht !! Ich sitze hier. In der Schule. Wurde zurückgelassen. Musste einfach hier bleiben. Ich hatte keine andere
Wahl, da die Meinung der Schule und meiner Eltern zu diesem Thema ein recht einstimmiges 'Nein' war. Schuld daran waren zwei
mehr oder weniger wichtige Tests die für diese Wochen angesetzt worden waren. Also kein Meißner für mich...
Aber der Gedanke geht mir nicht aus dem Kopf. ICH WILL DAHIN !!!

Fieberhaft versuche ich einen Weg zu finden, doch noch
irgendwie nachzukommen. Die einzige Möglichkeit die in Frage kommen würde, wäre der Zug, der aber definitiv außerhalb meines
finanziellen Rahmens liegt, ganz zu schweigen von den zahlreichen Umstiegen...ich gab auf... und genau an diesem Tag hat Murkel nichts besseres zu tun, als mir Fotos von dem Meer von Kohten und Jurten auf dem Lagerplatz zu schicken. Was für ein Arsch !!!

Also doch nicht aufgeben. Ich fange an meine Eltern anzubetteln, um eine Finanzspritze zu bekommen. Diese hielten mein Vorhaben
aber für relativ sinnlos und zu teuer... Ich lasse mir mehr und mehr Argumente einfallen und versuchte ihnen deutlich zu machen, was für ein einmaliges Erlebnis der Meißner doch sei !! Irgendwann geben sie meiner Quengelei nach und mein Vater beschließt, mich mit dem Auto hinzufahren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese plötzliche Meinungsänderung nichts mit mir zu tun hat, sondern an dem neuen 420 PS starken Dienstwagen meines Dad‘s liegt, den er so endlich mal ausfahren kann, ohne dass meine Mutter auf dem Beifahrersitz einen Anfall bekommt. Aber ich beschwere mich nicht. Mir kann das ja nur Recht sein. Also sitze ich am Freitag direkt nach der Schule im Auto auf der Autobahn und
zieh mir meine Kluft an, was bei der Geschwindigkeit gar nicht so leicht ist. Bis zu unserer Ankunft bekomme ich es dann irgendwie
doch hin und stehe irgendwann vor einer Absperrung...ab hier geht es zu Fuß weiter. Also schultere ich meinen Rucksack und die
Gitarre und laufe los. In mir steigt die Vorfreude. Bald habe ich das geschafft, worauf ich mich schon ewig gefreut habe. Nach einigen
Minuten Fußmarsch kann ich endlich den Lagerplatz sehen und ich kann es gar nicht mehr erwarten endlich anzukommen. Ich gehe
unbewusst immer schneller und nehme die Abkürzung direkt über die Wiese. Dann stehe ich vor dem Tor zum größten Lager auf dem
ich je war. Geil !! So das wäre geschafft. Jetzt muss ich nur noch die richtige Kohte finden. Ich würde mich sogar schon mit der richtigen
Jurte zufriedengeben. (Stehen hier ja gar nicht mal so viele rum *husthust*)

Murkel meinte es wäre ganz einfach. Durch das Tor und dann immer gerade aus bis auf den oberen Teil des Platzes. Die einsetzende
Dämmerung macht meine Suche nicht einfacher. Doch nachdem ich mich durch einen Wald aus Zelten vorgearbeitet habe, komme ich an
eine Kohte, die vielleicht die richtige sein könnte. Sicher bin ich mir nicht und auch bei näher Begutachtung des Innenraums weicht diese
Unsicherheit nicht. Irgendwann denk ich mir dann „Scheiß drauf .

Pfadfinder sind doch alle gleich und vielleicht lerne ich so dann auch neue Leute kennen. Aber so wie es hier riecht können es nur Graue
Reiter sein“, und schmeiße mein Zeug einfach in die Kohte. Und jetzt ? Eigentlich hatte ich mit einem Begrüßungskomitee gerechnet,
das hier auf mich wartet, mir heulend entgegenläuft und mir dann mit Tränen in den Augen gesteht wie sehr sie mich vermisst haben
und wie langweilig es doch ohne mich sei. Niemand ist da. Alles muss man selber machen. Also denk ich mir kurz „ Schön dass du da
bist“ und mach mich dann auf die Suche nach den ganzen Menschen, die bestimmt schon sehnsüchtig auf mich warten. Auf
dem Weg fällt mir dann ein, dass ich ja mitten während des Festaktes angekommen bin, was das Fehlen meiner Begrüßung
natürlich entschuldigt. Also mach ich mich auf zum Festplatz und suche bekannte Gesichter, was bei diesen Menschenmassen gar nicht
so einfach ist. Mit ein bisschen Hilfe finde ich sie dann doch und als ich in der Menge sitze, wird mir erst bewusst, wie groß dieses Lager
ist. Nach einigen Reden und dem feierlichen Anzünden des riesigen Holzhaufens, das den Höhepunkt des Festaktes darstellt, kehren wir
zur Jurte zurück. Da bin ich dann gleich bei allen unten durch, weil ich zur Entschädigung für mein verspätetes Erscheinen keinen
Alkohol mitgebracht hatte. Damit war das Thema „nette Begrüßung“ endgültig abgehakt. Aber wenigstens etwas zu Essen gibt es und ich
darf mir anhören, was ich schon alles verpasst habe und was ich am nächsten Tag auf jeden Fall noch machen muss. Besonders
verlockend klingt hierbei die 'Wildschwein aufbrechen' – Werkgilde. Ich mag diese alltagsnahen Werkgilden besonders gern. Nachdem
ich mein Schlafzeug in der Kohte hergerichtet habe, schaue ich mir den Lagerplatz und insbesondere den Kuhfladen genauer an.
Der Kuhfladen ist ein riesiges Gebilde aus 19 Jurtendächern und vor allem ist er eins: Groß ! Der Abend endet pfadfindertypisch in einer
Singerrunde von denen es hier wirklich viele gibt, aber teilweise auch mit richtigen Bands, die in den Jurtenburgen kleine Konzerte
geben. Man hat das Gefühl egal in welche Jurte oder Kohte man geht, man wird sofort aufgenommen und fühlt sich wohl. Am
nächsten Tag gibt es erst einmal Frühstück mit Kaffee und riesigen Eimern voller Nutella und Marmelade. Da es mittlerweile zu regnen
begonnen hat, verwandelt sich der Platz langsam in einen Sumpf und das beste daran ist, wir dürfen Wasser holen. Das gibt es genau am
anderen Ende des Lagers bei den Waschstationen. Die leeren Kanister im Bollerwagen nach unten zu bringen war noch relativ
einfach. Schwierig wurde es dann, als wir alles wieder nach oben schaffen mussten. Der Wagen sinkt durch das Gewicht des Wassers
immer wieder im Matsch ein und man selber rutscht eigentlich mehr als man geht. Am Ende schaffen wir es dann doch und trinken aus
Erschöpfung, gefühlt die Hälfte des Wassers gleich wieder aus. Die Werkgilde mit dem Wildschwein ist leider ziemlich überrannt, da
anscheinend mehr Leute auf die Idee gekommen sind, dass es auf jeden Fall hilfreich wäre, zu wissen, wie man ein Wildschwein
aufbricht; falls man mal in eine solche Situation kommt. Kann ja durchaus mal passieren. Aber irgendwie kommt mir das Schwein
komisch vor. Es hatte zu lange, dünne Beine und auch die Farbe passte nicht wirklich, was daran liegt, dass es sich nicht um ein
Wildschwein handelt, sondern um ein Reh. Das macht die Werkgilde aber nicht weniger interessant. Auch sonst bietet das
Lager viele Möglichkeiten sich zu beschäftigen, wie zum Beispiel ein selbst gebautes Karussell oder Diskussionsrunden. Genauso gut
kann man seine Zeit damit verbringen, sich über das Postsystem Briefe zu schicken oder sein Glück an der Partnerbörse zu
versuchen, oder man lernt einfach neue Leute kennen.

Abends ist dann noch mehr los und man findet überall Leute die zusammen feiern, singen und trinken. Aus fast jedem Zelt kommt Musik und
wenn man gerade ein bestimmtes Lied hören will, dann muss man nur ein bisschen suchen , denn man kann sich sicher sein, dass es
irgendwo auf dem Lagerplatz gerade gespielt wird. An diesem Abend wird es spät für mich. Ich bereue es am nächsten Tag, denn
da heißt es gleich nach dem Aufstehen beim Abbauen des Kuhfladens zu helfen. Nach einem sehr kleinen Frühstück schnappe
ich mir noch eine Packung Kekse, mit denen ich mir später noch viele Freunde mache, und ab geht es zum Helfen. Ich werde
allerdings vom Kuhfladen mit ein paar anderen Grauen Reitern gleich weiter geschickt und so kommt es, dass ich nach einer Weile
mit Theo beim Abfahrtspunkt der Busshuttles helfe. Wir bekommen eine orangene Warnweste und ein Funkgerät und ich fühle mich
gleich viel wichtiger. Außerdem dürfen wir ein paar Leute durch die Gegend scheuchen. Später werden wir dann allerdings an eine andere Stelle versetzt und wir müssen von nun an eine Einbahnstraße bewachen. Diese Aufgabe ist zwar nicht so spannend
wie die vorausgehende, aber ich habe ja meine Kekse und Theo. Als wir unsere Pflicht getan haben, gehen wir zurück zum Lagerplatz
und finden ihn fast ganz leer vor. Nach der Abschlussrunde satteln wir unsere Rucksäcke und marschieren los Richtung Bus, der uns
nach Hause bringen soll. Ab Würzburg müssen wir jedoch mit dem Zug fahren, aber nicht bevor wir uns noch einmal richtig die Bäuche
voll geschlagen haben. Während der Zugfahrt schlafe ich halb ein und bin heilfroh, als ich am Abend todmüde aber glücklich in
meinem Bett liege. Leck mich am Arsch war das ein Lager ! Beim nächsten Mal bin ich von Anfang an dabei!!!

Jabonah
hapi

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